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radio comics II

Photo: Andreas Platzer

gesendet von Jänner bis November 2005 auf Ö1-kunstradio

 

Ein Autobahnparkplatz, ein Vorkommnis. Sechs Personen, die in unterschiedlichster Weise an diesem Geschehen beteiligt sind, monologisieren dieses Ereignis in jeweils einer Folge der Radio Comics. Die Unterschiede in der Wahrnehmung ergeben sich aus dem Blickwinkel und der Entfernung.

 

Die Musik generiert sich aus akustischen Stroboskopen, in zufälliger Folge entnommen aus "sound effects for movies and videos". In einer definierten Struktur verschobene Klangspuren ergeben Pausen, Tonhöhen, Klangfarben und Dynamiken bar jeglichen kompositorischen Kommentars.

 

Dank an: ORF/Ö1/Kunstradio, Andreas Platzer, Johann Puntigam, Matthias Ohner, Dirk Stermann, Marian Schönwiese, Eberhard Forcher, Christl Reiss, Mirjam Jessa, Sandra Ziagos, Wenzel Mracek, Ernst M. Binder, Ute Baumhackl, Kurt Neumann, Elisabeth Zimmermann, Markus Hammer, StockwerkJazz, rhizom, ORF Landesstudio Steiermark, Orthopädisches Krankenhaus Theresienhof / Frohnleiten 

 

 

Ernst M. Binder


Was einem durch den Kopf fährt. Pardon. Was einem durch die Nervenstränge. Ein paar Nebelschwaden. Autobahn. Dann ist die Suppe wieder dicht. Die Kontakte schmoren sich durchs Hirn. Das hält warm. Im Auto ist es kalt. Das lässt vergessen, dass ich ganz allein. Erträglich nur, wenn ich die Augen zu. Stimmt nicht. Dann kommen die Erinnerung das Bruchstück Lärm. Der Winter wird die Wiederkehr des Augenblicks verschlucken. Das Kind ist einfach dageblieben. Der Schnee wird einfach fallen über Landschaft zwischen Ohr und Ohr. Die Schritte hinterlassen mich. Im Auto ist es warm. Jetzt fallen mir die Augen zu. Ich höre mich. Ich werde jetzt gesprochen. Ein Moment blitzt auf. Ein Schneegewitter. Kälte hält mich warm. Nicht über die Autobahn. Fällt ein Tropfen Blut auf Blech? Ist es der Blick, der einem Kopf und Seele mit Sirenenton?

 

Was werd ich immer in mich selbst zurückgestoßen. Der Aufprall wieder wieder. Vorher war das Herz zu hören. Heißt sie Marie? Wie komm ich drauf? Im Traum mit off'nem Mund gelauscht. Der Schrei nach innen. Rückwärts. Er wischt das Messer ab an ihrem Bauch. Die Stille laut wie nie. Dann steht er da. Kein Laut. Fräst sich die Stille in den Monolog? Schön wär's. Der Zufall lärmt sich durch Vernunft und Reglement. Nur die Nerven. Als Projektion beamt sich der Stummfilm durch das Trommelfell. Die Sonne ist jetzt weg. Der Ton zerreißt, weil er die Lichtgeschwindigkeit nicht schafft. Und Schlag um Schlag bricht das Genick. Ich halte mir die Ohren zu. Ich höre mit dem Mund. Was habe ich nicht alles schon zurück. Nicht hinter mir. Es ist immer so ein Rauschen im Kopf. Als zöge ich den Pflug über Asphalt und Stein. Eine Schachtel voller Watte um den Kopf. Das wär's. Als neue Unerträglichkeit würde sie über mich, und in mir wachsen als ein Alien.

 

Tabletten? Mit den Tabletten sind wenigstens keine Träume. Ein Mensch? Und mit der Morgensonne und dem Vogelzwitschern die Gewissheit: Ich bin nicht da, um so allein.

 

Ernst M. Binder

 

Der Text entstand als assoziative Wahrnehmungsparaphrase und bündelt die verschiedenen Perspektiven auf ein Vorkommnis auf einem Autobahnparkplatz durch Überschreibung während des Hörens der Radio Comics 2. Die kursiv geschriebenen Sätze sind Zitate aus den sechs Monologen von Albert Pall.

 

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