baugrund II
erschienen auf www.gat.st, September 2009
Der Uraltbürgermeister war ein Götz. Weil er vorher in der Verwaltung gegötzt hat, hat er von der Arbeit nicht so viel Ahnung gehabt. Obwohl man das nicht verwechseln darf, das Arbeiten und die Arbeit. Das Arbeiten hat er schon verstanden, weil er, das sagt das Gerücht, unnötiges Tun abschaffen wollte. Nicht nur in der Verwaltung. Und damals war es ja so, dass so viel zu tun war, dass weniger schon wieder mehr gewesen wäre.
Seine Idee war, dass man keinen Schnee wegräumen muss, wenn kein Schnee ist. Deswegen hat er die Schneeräumung abgeschafft. Es hat dann aber trotzdem geschneit. Da war es dann gut, dass der Streudienst noch Dienst gehabt hat und arbeiten gegangen ist. Und nach dem Streuen hat es eine Schneeräumung auch wieder gegeben.
Eine andere Idee war, dass sich die darstellenden KünstlerInnen aussuchen hätten können, ob sie im Schauspielhaus oder in der Oper arbeiten wollen. Das jeweils andere Haus hätten wir uns dann gespart. Das war die Idee. Der Uraltbürgermeister hat aber nicht damit gerechnet, dass die darstellenden KünstlerInnen praktisch immer arbeiten und für alle auf einmal in einem Haus nicht genug Platz gewesen wäre. Außerdem haben sie sich sowieso nicht einigen können, in welchem Haus sie herumtun wollen. Es war dann auch alles sehr kompliziert, weil es in der Kunst ja immer kompliziert ist. Deswegen haben wir uns letztendlich auch nichts gespart.
Der Götz hat dann die Wahl verloren, was aber nichts mit der Kunst zu tun gehabt hat und mit dem Götzen auch nicht, sagt das Gerücht. Mit dem Arbeiten wiederum hat es auch nichts zu tun gehabt, und mit der Arbeit schon gar nicht. Arbeit war damals ja genug. Und gebaut worden ist auch. Auch ohne Konzept. Auf jeden Fall war es dann mit den Ideen irgendwie vorbei.
Der nächste Uraltbürgermeister war dann ein Hasiba. Weil er aber nicht ganz so viele Stimmen gehabt hat, dass er alleine bürgermeistern hätte können, hat er sich die Zeit mit dem Alt-Altbürgermeister, der ein Stingl war, teilen müssen. Von der Arbeit hätte der Hasiba, der ein Bürgerlicher war, genug verstanden, weil die Bürgerlichen allesamt schon viel Arbeit gesehen haben. Aber für ein Konzept hat die Zeit einfach nicht gereicht.
Da war es dann gut, dass man in der Zeit, in der der Alt-Altbürgermeister herumgestingelt hat, einen Nagl mit Kopf gefunden hat. Und aufgebaut. Denn das ist ja das Wesen der Arbeit, dass man was aufbaut und herrichtet. Es muss nicht immer ein Haus sein. Oder eine Autobahn. Und für ein Konzept hat die Zeit auch gereicht. Nach dem sozialistischen und dem sozialdemokratischen Konzept von der Arbeit (das haben wir schon gehabt) war die Zeit jetzt endlich reif für ein bürgerliches Konzept von der Arbeit. Und es hat sich gut getroffen, dass die Wirtschaft jetzt endlich was zu sagen gehabt hat in der Politik, damit was weitergeht.
Der Neubürgermeister, der aber quasi auch schon wieder ein Altbürgermeister ist, weil er schon so lange bürgermeistert, ist also ein Nagl mit Kopf. Und es ist ein bürgerlicher Kopf. Das heißt, er hat schon viel Arbeit gesehen. Und weil er schon so viel Arbeit gesehen hat, kann er natürlich sein Konzept ganz anders anlegen als die Sozialisten oder die Sozialdemokraten. Weil die die Arbeit ja nur vom Arbeiten Gehen her kennen. Da fehlt der Blick ins Große.
Bei den stingligen Konzepten ist der Gewinn ja nur ein kurzfristiger, weil es halt nur Geld ist. Und Geld ist, das kennen wir, leider immer gleich wieder weg. Und auch, wenn wir den Mehrwert vom Gebauten haben, wenn es fertig ist, ist das auch kein Gewinn, weil wir wieder mit Geld zahlen müssen, dass es stehen bleibt. Das hat, so gesehen, keine Zukunft, weil vom Geld immer weniger wird, und von der Arbeit immer mehr. Weil du gar nicht so oft arbeiten gehen kannst, dass die Arbeit weniger wird.
Das bürgerliche Konzept von der Arbeit, also das genaglte, stellt diesen Komplex in einen viel größeren Zusammenhang, das Arbeitskomplex-Konzept: da ist zum einen der Besitz. Wenn ich Arbeit habe, besitze ich ja was. Und weil das Bürgerliche christlich-sozial ist, teilt es diesen Besitz. Es bekommen also Leute was zu tun, die keine Arbeit haben, aber arbeiten gehen können, weil sie Zeit dazu haben. Dafür bekommen sie ein Geld, weil Zeit Geld ist.
Weil das bürgerliche Konzept von der Arbeit vorsieht, dass die bezahlte Zeit genug Lohn für das Arbeiten Gehen ist, hat es mit dem Teilen hier ein Ende. Das Erarbeitete gehört jetzt dem, der die Zeit bezahlt hat. Das ist das Eigentum, also quasi das Andere. Wenn der Arbeit-Geber jetzt der Quasi-Altbürgermeister war, ein Nagl, macht das aber praktisch nichts, weil es dann eh uns gehört, also quasi öffentliches Eigentum ist.
Den größeren Zusammenhang vom bürgerlichen Arbeitskomplex-Konzept sieht man aber erst, wenn man es wirtschaftlich betrachtet: weil es das Bürgerliche, was wir praktisch alle sind, schon länger gibt als Sozialisten oder Sozialdemokraten, wissen wir, dass öffentliches Eigentum eigentlich nur die Enteignung des Privaten ist. Gemeinsamer Besitz, noch dazu ein öffentlicher, ist nämlich weder christlich noch sozial, weil die öffentliche Hand nicht wirtschaften kann. Und die Politik kann das schon gar nicht. Weil sie immer mehr ausgibt, als sie im Säckel hat, weil es nicht ihr Geld ist. Das macht der Private nicht, weil er es nicht kann. Und die Wirtschaft schon überhaupt nicht, weil sie das nicht will. Weil es nicht wirtschaftlich ist, wenn man nur Schulden hat. Aber das ist ein anderer Komplex.
Daher ist es logisch, das das Bürgerliche drauf schaut, dass das Eigentum privat ist. Gerade, wenn es in der Politik ist. Deswegen fördert der bürgerliche Politiker das private Eigentum mit allen Mitteln. Mit öffentlichen und auch mit politischen. Deswegen wird auch privatisiert, was jetzt nicht heißt, dass man ins Gasthaus geht. Es meint nur, dass der schlechte Wirtschafter, also die öffentliche Hand, über den Politiker jenen das Eigentum und den Besitz von Arbeit zurückgibt, die die besseren Wirtschafter sind. Wenn es auch oft so ausschaut, als wäre es für das Bürgerliche, also für uns alle, ein schlechtes Geschäft, ist es dennoch wirtschaftlicher. Weil es den größeren Zusammenhang sieht.
Das bürgerliche Komplex-Konzept von der Arbeit, also das genaglte, schaut nämlich in die Gesamtheit aller Dinge. Dass es nämlich nicht nur denen gut geht, die arbeiten gehen, sondern halt auch denen, die Arbeit haben, also Besitz. Und Eigentum. Und natürlich muss es der Wirtschaft gut gehen. Denn das haben wir gelernt: nur wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es der Wirtschaft gut. |
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