inzest II
erschienen auf www.gat.st, November 2007
Ich bin nicht sehr wahrscheinlich. Mich gibt es nur, weil es die Zeit gibt. Ob es die Zeit gibt, weiß man aber nicht genau. Wahrscheinlich ist sie nur eine Funktion von was. Nichts Eigenes. Oder überhaupt nicht. Quarks, wie die Nachbarn sagen. Wir sagen Topfens. Praktisch der Genitiv vom Universum. Vielleicht bin ich also nur im zweiten Fall. Oder auch nicht. So genau kann ich das gar nicht sagen. Weil man das auch gar nicht genau wissen kann. Das ist so. Wie beim Quantensprung. Da hüpft man auch nicht weit. Obwohl alle immer so tun. Da machen sie einen Quantensprung und haben sich praktisch nicht bewegt. Eigentlich überhaupt nicht. Es ist nur ein anderer Zustand. Und vom einen Zustand in den anderen ist praktisch keine Zeit vergangen. Theoretisch schon. Aber das ist unscharf.
In der Politik ist das sehr beliebt, das Unscharfe. Die Relation zum Zustand. Oder zur Zeit. Da kann man eben nichts Genaues sagen. Müssen auch nicht. Deswegen ist der Quantensprung in der Politik auch mindestens ein Lichtjahr. Oder halt ein neues Universum, wenn es die Zeit nicht gibt. Oder erlaubt. Sehr weit eben. Oder halt sehr viel. Unscharf. Da kann man sagen, was man will. Tun auch. Weil sich praktisch gar nichts ändert. Warum auch. Die Politik muss ja unmöglich machen. Nicht das Unmögliche, das hab ich schon gesagt. Das können sie auch gar nicht. Verunmöglichen, das machen sie. Damit nichts passiert. Weil ja auch nichts passieren darf. Weil das dann Zustände wären. Und das will keiner in der Politik.
Für die Leute ist das anders. Für mich. Wenn da was nicht ist, muss man sich anstrengen. Damit es dann sicher ist. Wird. Vor allem das Selbst. Das Selbstbewusstsein. Da kommt dann der Ehrgeiz. Vom Ich. Von mir. Das bin ich. Namentlich nämlich. Und genau so. Da bin ich mir sicher. Das ist bei den anderen auch so, das weiß ich. Mit den anderen ist es aber mehr. Und alle sind dann wieder viel. Und das Viele ist schon sehr wahrscheinlich. Das Ganze sowieso. Obwohl das gar nicht mehr wahrscheinlich ist. Das Ganze ist. Aber wahrscheinlich ist es auch. Relativ zu Allem. Trotzdem ist kein Unterschied. Praktisch.
Beim Selbstbewusstsein schon. Da ist schon ein Unterschied. Oft ein großer. Weil da immer der Vergleich ist. Und im Vergleich ist es schon besser, wenn man mehr ist. Selbst. Alle kann man nicht sein. Das wäre Diktatur, wenn einer alle ist. Wie beim Essen. Wenn einer alles isst. Nicht wirklich alles, das wäre zu viel. Aber gegeben hat es das schon. Gerne wird das nicht gesehen. Auch in der Politik nicht. Weil es sich nicht gehört. In der Politik gehört sich viel. Und viel auch wieder nicht. Aber die dort wissen das. Die kennen sich aus. Und wir müssen sowieso was anderes tun. Arbeiten zum Beispiel.
Oder lernen. Wörter. Biopsie. Oder Mutation. Da ist dann ein Muttermal ein Melanom. Eine Wortmutation. Wirklich auch. Mutiert. Da sind dann noch acht bis zwölf Monate. Obwohl es die Zeit nicht gibt. Aber acht bis zwölf Monate ist schon Zeit. Wenig halt, wenn man damit auskommen muss. Mit dem Rest. Der Neige. Das wirft einen Schatten voraus. Meinen. Da wird es vorne dunkel. Bis man dann das Licht sieht. Dann ist es zu spät. Vorbei. Dann ist das Leben aus. Und was nachher ist, weiß keiner. Die wichtigen Sachen weiß niemand. Aber reden tun sie schon. Wahrscheinlich, damit die Zeit vergeht. Und die Angst. Ohne Zeit wäre ja keine Angst. Also muss Zeit sein.
Mir kann aber auch noch ein Dachziegel den Kopf spalten. Da weiß man dann wieder nicht, wie lange noch. Kürzer geht. Länger nicht. Länger ist nicht wahrscheinlich. Außer, das Unwahrscheinliche tritt ein. Das gibt es. Dann geht länger schon. Aber normal ist der Tod. Kein Leben mehr. Wie in der Politik. Nach der Politik ist kein Leben, sagt man. Ich glaub das nicht. Weil sie schon leben. Es ist halt keine Wahrnehmung mehr. Von außen. Nicht mehr gesehen. Aber nicht wirklich tot. Sie leben dann halt in der Wirtschaft. Auf einem Posten. Da kann man schon leben, das machen andere auch. Da gibt es viele. Oder in der Pension. Oder beides. Das kann man schon aushalten. Aber halt keine Politik mehr. Ein kleiner Tod. Keine acht bis zwölf Monate. Kein Rest. Keine Neige. Fast nie Dachziegel. Äste sind möglich. Aber die treffen eher die Kunst.
In der Politik ist das mit dem Ehrgeiz vom Selbstbewusstsein sowieso anders. Mehr. Praktisch das Meiste. Das Innerste. Da ist ohne Politik kein Leben. Praktisch. Obwohl man ein Einkommen hat. Und ein Auskommen hat man auch. Aber kein Leben. Und keinen Tod. Und kein Dunkel vorne. Das ist wie im Zwischenreich. Wenn es das gibt. Das weiß man auch nicht. Aber da ist es hell, das weiß man. Nur ohne Wahrnehmung von außen. Das gibt es im Zwischenreich nicht, Wahrnehmung von außen. Das ist selten, dass da einer was sieht. Und wenn, wird es nicht gern gesehen. Da geistern sie dann herum. Und haben Angst. Da hätte aber jeder Angst. Deswegen die Anstrengung. Der Ehrgeiz. Vom Selbstbewusstsein. Dass doch was ist. Es muss ja was sein. Ein Schein. Ein Anschein wenigstens.
Deswegen tun sie auch so viel. Dass was gemacht ist. Fleißig sein. Richtig große Haufen machen. Das riecht dann. Wie Arbeit. Oder Müll. Der riecht auch. Aber das hat man brauchen können vorher. Die Sachen. Nachher auch, da findet sich immer was. Wie bei den Ideologien. Das kann noch so alt sein, brauchen kann man es immer noch. Das hat immer noch einen Wert. Auch, wenn es keinen Wert mehr hat. Für die meisten. Für manche aber schon. Die basteln aus der alten eine neue Welt. Dann haben sie was gemacht. Das glauben sie. Aber das Haus ist alt. Nur der Zustand nicht. Wie vor dem Quantensprung. Und nachher. Da hat sich nichts bewegt. Aber das hab ich schon gesagt. Das wiederholt sich. Ständig.
Lauter alte Häuser. Mit neuen Gesichtern. Fassaden. Frische Fassaden. Und ein frisches Grinsen. Das muss sein, wegen der Laune. Die Laune braucht der Mensch. Eine gute, in dieser Zeit. Der Mensch lebt ja in der Zeit. In seiner Zeit. Immer in seiner Zeit. In keiner anderen. Das geht nicht. Nicht einmal, wenn es die Zeit nicht gibt. Ich lebe in meiner Zeit. Im Rest. In der Neige. Und vorne ist es dunkel. Dann wird es hell. Dann ist es vorbei. Aus. Und dann kommt es wieder. Weil es sich dreht. Alles dreht sich. Ständig. Um irgendwas. Wie beim Presshaus. Aber da hab ich noch gar nichts gemacht. Weil keine Zeit ist. |
Das ist vielleicht ein Gefühl, in Hunderten von Briefen als Spinner oder Dummkopf beschimpft zu werden! Dabei hatte alles so harmlos angefangen. An einem Samstag im Sommer saß ich abends spät im Garten, entkorkte eine Flasche und schlug den Skeptical Inquirer auf, mein Lieblingsblatt aus den USA: Wissenschaftler und Journalisten gehen darin den Behauptungen von Tischrückern, Gabelbiegern, Geistersehern und anderen Scharlatanen nach.
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