06 - 220D
http://kunstradio.at/2004B/14_11_04.html
gesendet am 14.11.2004 23:05 Uhr auf ORF - Ö1 - Kunstradio
Live aufgenommen am 17.07.2004 im Rahmen von Hotel Pupik / Schrattenberg
Sprecher: Albert Pall / Tontechnik: Ollmann
Klangspenden: Tacto Mase (Gesang), William D. West (Ziehharmonika)
Das Fahrrad ist weg. Das hat jemand gestohlen, also muss ich zur Polizei. Die Bank liegt auf dem Weg, so nehme ich die kleinen Münzen mit, die sollen auf das Konto. Das Sackerl ist schwer und zieht die Gürteltasche runter. Ich häng sie um die Schulter. Ich geh zu Fuss.
Der Himmel ist blau, die Sonne scheint und mir ist heiß. Unter der Brücke im Fluss trainieren die Leute mit ihren kleinen Booten und den Surfboards. Die Stadt hat große Steine aufgeschüttet und jetzt gibt es eine Welle, wo die Leute drauf reiten können, ohne dass es sie gleich abtreibt. Es ist ein günstiges Vergnügen. Ich schaue zu, aber es wird schnell fad, so geh ich weiter.
In der Bank ist es kühl. Der Münzzählautomat ist ganz neu und ich muss erst lesen, wie es geht. Wie ich das Sackerl aufreiß rutsch ich ab, ein paar Münzen fallen auf den Boden. Aufheben geht schwer, die Hände sind ganz nass, ich schwitze noch von draußen. Dann geht es aber doch und der Automat sortiert die Münzen. Das war früher lauter, stimmen tut es jetzt auch nicht. Bis das Geld am Konto ist, bin ich wieder trocken.
Zur Polizei. Die Stiege hinauf und in den kleinen Vorraum, da stehen schon drei und warten, auch eine Frau, die schaut mich an. Keiner sagt was, es ist sehr ruhig. Der Vorraum ist wie eine Schleuse, man kann nicht direkt hinein, wegen der Sicherheit. Hinter der Scheibe seh ich einen am Computer etwas schreiben, dann wird ausgedruckt. Da war ein Fehler drin. Zum Computer, dann zum Drucker, jetzt ist alles richtig. Wir schauen zu. Er holt die Stempel und probiert sie aus, da stimmt auch was nicht. Er stellt was um, probiert es wieder und es passt. Es wird sorgfältig abgelegt.
Er kommt zur Tür und sagt, wenn wir noch einen Weg haben, können wir das tun, weil es noch etwas dauert, es sind zu wenig Leute. Der eine sagt, dass er nur eine kurze Frage hat, aber das geht nicht, es heißt später kommen. Das kann ich nicht, ich muss heute fahren. Vor der Tür geht die Frau mit mir ein Stück. Erst spricht sie spanisch und dann deutsch. Sie sagt, das ist die Macht und dass es auf der ganzen Welt das Gleiche ist. Ich sage ja. Sie grüßt und dreht dann um, es war die falsche Richtung, sie ist aufgeregt. Ich gehe wieder heim, in der Post sind nur Prospekte.
Die Sachen eingepackt hab ich schon vorher, der Schlafsack ist auch hergerichtet. Sie macht Kaffee, ich stehe da und rauche. Nachher gieß ich die Pflanzen am Balkon, das habe ich mir vorgenommen. Zwei Tomaten sind schon fertig, also ess ich eine. Das Häferl abwaschen, den Aschenbecher ausleeren. Dann drüberwischen, es ist gleich fertig. Das Wettex ausdrücken und oben auf den Abwaschrand, sonst stinkt es wieder.
Wie ich auf dem Klo sitz läutet das Telefon. Bis ich dort bin, ist es wieder aus. Also zurück aufs Klo und alles fertig machen, runterlassen, Hände waschen. Dann ruf ich an. Er sagt, er kommt gleich und ich kann schon unten warten. Ich nehm die Sachen und wir gehen runter. Wir stehen in der Sonne, er ist gleich da. Er packt die Sachen in das Auto, das ist schon ziemlich voll. Er gibt ihr noch die Uhr. Abschied. Wir können fahren.
Wir müssen durch die Stadt durch, da ist viel Verkehr. Es ist Freitag und alle sind nervös, auch weil es dauernd rot ist. Die Bundesstraße, die Autobahn. Die Sonne scheint, aber es zieht schon zu. Der lange Tunnel. Da fahr ich ungern durch, man hört so schlechte Sachen und es stinkt. Hinter der Mautstelle beginnt der Regen. Trotzdem fahren viele schnell. Er fährt moderat, wir reden und es gibt auch was zu lachen. So vergeht die Zeit.
Dann ist die Autobahn zu Ende und es ist nicht mehr weit. Die Sonne scheint. Beim Supermarkt zwei Wurstsemmeln und was zum Trinken in der Plastikflasche. Jause auf dem Parkplatz, das ist fast schon Tradition. Den Berg hinauf, vorbei bei der Kartoffel. Der Asphalt ist aus, die Schotterstraße ausgewaschen. Im Hof steht er, er hat einen Rahmen in der Hand. Er weist uns ein. Neben der Fahrertür die Lacke, wir sind da. Er bekommt auch die Uhr. Es wird etwas geredet.
Dann sind da viele Leute, die kenn ich nicht. Wir werden alle vorgestellt, aber die Namen kann ich mir nicht merken, das dauert länger. Wir laden aus, ein Schlafplatz ist auch schnell gefunden, so ist alles eingerichtet. Jetzt ist für heute frei. Ich schau mich um, es gibt sehr viele Räume. Ums Haus herum sind auch fast fünf Minuten. Dann wird gegrillt, am Abend Lagerfeuer. Wir sitzen etwas länger.
Ich habe gut geschlafen, die frische Luft tut gut. Die Glocken an den Kühen sind auch angenehm. Kaffee, dann muss ich wieder rauchen. Das Wetter ist stabil, es ist kühl. Abwechselnd ist Regen. Im Schloss bin ich zum ersten mal. Raufgehen kann man da nicht. Dort, wo es noch Decken gibt, ist alles nass, weil das Dach fehlt. Da weiß man nicht, wann das dann runterkommt. Im Hof ist alles zugewachsen, es gibt Bienenstöcke. Aussen an der Ecke ist ein Schild, es ist sehr schwer zu lesen. Es gibt 52 Zimmern und 360 Fenstern, einen Prunksaal. Der Napoleon hat auch schon da geschlafen, die andern kenn ich nicht. Unten steht der Name vom Verein. Das Schild klingt, wenn es an die Wand kommt, es hängt an einem Nagel.
Um das Schloss ist eine Mauer, es gibt Türme. Vorne hinterm Haus der Kirschbaum, die herunten sind noch nicht reif, oben sind schon welche. Ich telefoniere, dann geh ich weiter. Das Gras ist hoch, aber es ist schon eine Spur drin. Ich geh herum, alles ist grün. Hinten bei der Bank setz ich mich hin. Da ist ein Grenzstein. Ich schau hinunter. Unten fährt der Zug und es ist ein Rauschen vom Verkehr.
Es gibt Katzen, sie sind sehr scheu. Normal liegen die oben, weil es da bequem ist, aber da sind jetzt wir. Junge gibt es auch, eines ist schon weg. Von dem, was vom Kochen übrigbleibt, geht es ihnen gut, da ist genug. Die Wäsche wird öfter umgehängt, wenn es nicht regnet wär sie draußen schneller trocken. So sucht man dann halt Socken wegen dem Wind.
Ich geh hinauf, ich darf die Tabletten nicht vergessen. Dann leg ich mich kurz hin. Nachher schau ich, wie das Tor aufgeht, damit es etwas durchzieht. Wenn die Sonne auf das Dach scheint, ist es sehr warm. Dabei finde ich das Licht. Die Taschenlampe brauch ich trotzdem. Ich geh rüber etwas tun. Dann ruft wer. Das Essen ist sehr gut. Es kochen immer andre Leute, über die Tage lern ich die kennen.
Wir müssen hinunter in den Ort, weil wir noch etwas brauchen. Es ist nicht viel, so gehen wir zu Fuß. Manchmal ist es matschig, so pass ich auf, dass ich nicht ausrutsch. Es sind nur ein paar Stellen, so schnell trocknet das da nicht. Im Schatten ist es kühl, es ist Wind, aber vom Gehen wird mir warm. Die Schuhe sind vorn schmutzig, wenn sie dann ganz trocken sind, geht das leicht raus, es ist nur Erde. Vorne kommt das Haus, da ist dann schon Asphalt. Nach dem Bach geht es ein Stück bergauf. Ich rauch zu viel.
Es ist eine schöne Aussicht beim Hinuntergehn. Unten bei den Ortsschildern zünd ich mir eine an. Wir bleiben kurz stehen. Vorne, beim Parkplatz neben der Schule, kommt ein Mann herauf, er hat eine Leine in der Tasche. Man hört ein Auto kommen. Der Mann mit Leine in der Tasche dreht sich um, er pfeift. Dann ist es plötzlich still, nur der Motor ist noch laut.
Ein Hund mit langen Haaren und ohne Leine um springt aus der Wiese direkt auf die Straße. Wir sehn das Auto, das will geradeaus. Es ist grün und vorne ist ein Stern. Der Hund ist direkt vor dem Wagen. Der Fahrer reisst am Lenkrad links herum, er will ausweichen. Bremsen tut er auch, aber er ist schnell. Der Hund wird mitgeschliffen, er jault laut auf. Dann kommt er unters Rad, es knackst beim Knochenbrechen und es haut ihn hinten raus. Das Auto kracht in die Mauer und dann ein gutes Stück zurück. Den Motor hört man nicht mehr.
Jetzt ist es ruhig. Vorne rinnt das Wasser aus dem Kühler, sonst rührt sich nichts. Der Mann mit Leine in der Tasche beginnt zu laufen, er schreit den Namen von dem Hund. Der Freund ist auch schon unterwegs, ich steh noch da und weiß nicht, was ich tun soll. Ich werfe die Zigarette auf den Boden und tret sie aus. Dann geh ich los. Der Mann im Auto reisst bei der Fahrertür herum, er hat einen Hut auf. Auf seiner Seite ist das Auto eingeknickt, er kriegt die Tür nicht auf, da ist wahrscheinlich was verbogen. Der Mann mit Leine in der Tasche kniet bei seinem Hund, der bewegt sich aber nicht.
Der Freund ist jetzt beim Auto, er hilft dem Fahrer. Dann bin ich auch da. Vorne ist das Fenster halb herunter, aber man kann nicht vernünftig reden, er hat Angst. Wir ziehen und er drückt, aber immer durcheinander, so hilft es nichts. Hinten sehe ich Kanister stehen, ich hör, da rinnt was aus.
Ich soll anrufen, sagt der Freund, hier bin ich nur im Weg. Ich geh ein paar Schritte weg und rufe an. Ich soll erklären, wo das ist, das ist schwer. Der Freund hilft weiter, die Tür bleibt zu. Ich hör ihn rufen, dass er drüben raus soll, da herüben geht es nicht. Nützen tut es nichts.
Dann ist hinter mir was wie vom schnell Luft ansaugen, ein Geräusch. Ich dreh mich um, innen brennt das Auto, es kommen Flammen aus dem Fenster. Ich seh den Fahrer schauen, er reisst die Augen auf, er fängt an zu schreien. Er will bei der andern Seite raus, aber das geht sich nicht mehr aus.
Den Freund hat es auf den Weg geschmissen, er rafft sich auf und schaut, dass er da weiterkommt. Es ist plötzlich heiß bis zu mir her, die Scheiben sind gesprungen. Der Mann mit Leine in der Tasche rennt in die andre Richtung, der Hund bleibt liegen, die Haare fangen an zu rauchen. Der Freund reisst mich am Ärmel mit, jetzt kann ich laufen. Weiter oben, wo es nicht mehr so heiß ist, bleiben wir stehen. Wir drehn uns um. Der Wagen brennt wie eine Fackel, oben schwarzer Rauch. In den Flammen, wie einen Schatten, seh ich den Fahrer sitzen.
Es geht schnell. Die Schreie sind vorbei. Neben mir stinken die versengten Haare.