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betrifft: honorar

erschienen auf www.gat.st / september 2005

 

von: Albert Pall

an: Redaktion - www.gat.st

 

Graz, 21.09.2005

 

Betrifft: Honorar

 

 

Sehr geehrte www.gat.st - Redaktion,

 

die Ablehnung meines Textes „montag“ für Ihre Reihe „sonntag“ auf www.gat.st nehme ich zur Kenntnis.

 

Ihrer Verantwortung, der Text „montag“ stehe in keinem Bezug zu Ihrem Generalthema Architektur kann und will ich nicht folgen. Sie ließe ja einzig den Schluss zu, dass sich Ihr Verständnis von Architektur auf die Verwendung von Muster- oder Modematerialien zur Errichtung einer dreiachsigen Struktur redimensioniert. Was wiederum auf der Diskursebene IN der Architektur zu schreiben als Verbotszone definiert. Woraus folgt, dass Wort- und Satzbau, ja ganze Spracharchitekturen, für Sie kein Thema der Architektur sind. Woraus ich persönlich schließen mag, dass der Turmbau zu Babel für Sie nicht stattgefunden hat.

 

Näher liegt ihrem Verständnis offensichtlich, über Architektur zu schreiben oder schreiben zu lassen. Also fesche Zeichnungen, ebensolche Modelle oder tatsächliche Errichtungen zu beschreiben oder zu besprechen. Dies durchaus auch noch im weiteren Rahmen dessen, was Gesellschaft als der Architektur zugehörig erkennen mag - den Umgang, die Benutzbarkeit oder den Eingriff durch Errichtungen etwa. Die Begrifflichkeit Bauwesen wäre hiefür allerdings mehr als ausreichend.

 

Wie eng eben dieses Korsett der tatsächlichen Architektur sitzt ist allein schon dem Umstand zu entnehmen, dass es zwar eine gewaltige und Jahrtausende währende Architekturgeschichte mit imposanten und manchmal auch, schlicht gesagt, schönen Manifestationen der zeitlichen und gesellschaftlichen Zu- und Umstände gibt (natürlich in der Nachschau definiert (Eine alte Zeitung ist leicht zu lesen)), bis heute allerdings noch keine verfügbare variable Modalität, der eine dem Individuum genehme Errichtung folgen könnte.

 

Zwangsläufig, und hier kann ich Ihrer Ablehnung meines Textes durchaus folgen, beschäftigt sich diese Manifestation von Architektur mit der Hülle, mit dem, was einen Raum umschließt. Es folgt: die Hülle wird nach innen gestülpt, sich in der Blase befindend wird deren Haut als Außen definiert. Und ermöglicht damit weitere Zugänge zur Rezeption, ohne die Ebene verlassen zu müssen. Ein eher flacher Nabel zur Beschau.

 

Das Gemeinwesen, die Gesellschaft, die in diesem Verständnis von Architektur leben muss, wird dort zum reprojizierten Fluchtpunkt der architekturierten Annahme von Wirklichkeit. Was im Spiegel ist, ist nicht Thema, der Spiegel als solcher genügt sich selbst. Tatsächlich aber findet das rezeptorische Sein dort statt wo der Spiegel in den Spiegel sieht.

 

So sehe ich es auch nicht als meine Aufgabe, über Rahmen oder Glas zu schreiben, was den Spiegel betrifft, oder über Beton, Stahl und Glas, was Architektur betreffen könnte, mein Thema ist eben der Raum in seinen verschiedensten (Aus-)Formungen und (thematischen) Zugängen. Ob diesen Räumen manifestes Material zugeordnet werden kann, oder eben diese Räume als Zwischenraum das zweidimensionale Abbild Ihrer Wirklichkeit zur Realität verkitten, kann mir in Ihrer Art der Rezeption im Grunde genommen egal sein. In jedem Falle gehe ich davon aus, das die mehrmalige Erwähnung weiblicher sekundärer Geschlechtsmerkmale nicht zur Ablehnung des Textes "montag" geführt haben kann.

 

Da sich der hier vorliegende Text "Betrifft: Honorar" nun sehr wohl auf Ihr Generalthema Architektur bezieht gehe ich weiters davon aus, dass Sie diesen veröffentlichen und erwarte den Eingang des vereinbarten Honorars auf das Ihnen bekannte Konto.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Albert Pall

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