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Presshaus innen / Oed

erschienen auf www.gat.st / september 2006

 

Im Weltall ist das schönste Wetter. Kein Regen, kein Schnee, nichts. Und immer Sonne. Haufenweise Sonne. Und kein Nebel. Also, Nebel schon. Aber wenn du da drin bist, merkst du es nicht, so weit siehst du. Sturm gibt es auch keinen. Nur den Sonnenwind. Aber wenn richtig Sonne ist, schadet ein Wind nichts. Hagel gibt es auch. Obwohl, bis du gemerkt hast, dass es hagelt, bist du schon tot, so schnell ist der. Und so gesehen gibt es den dann gar nicht.

 

Kalt ist es im Weltall auch, da kannst du dich warm anziehn. Und Luft mitnehmen zum Atmen, weil, das Weltall ist hoch oben. Und jeder ist kein Reini Messner. Dafür ist es nicht feucht. Die Kälte allein zieht nicht in die Knochen, da muss es feucht auch sein. Trockene Kälte schadet nichts, das hat meine Oma schon gewusst. Das ist nur kalt, hat sie gesagt, da kann man sich was anziehn. Wenn es heiß ist, geht das nicht. Weil, irgendwann hast du alles ausgezogen, da bleibt nur mehr die Haut. Und die Haut kann man nicht ausziehn. Das geht nicht.

 

Auf der Erde ist das Wetter verschieden. Wenn die Sonne scheint, braucht man einen Schatten, wo man hingehn kann. Nicht in den Schatten gehn, wenn die Sonne scheint, ist unvernünftig. Das macht keiner. Außer, er muss. Der Bauer zum Beispiel: der muss aufs Feld, wenn die Sonne scheint. Wenn es regnet, muss der Bauer nicht aufs Feld, da ist das Heu schon hin. Wenn es regnet, bleibt der Bauer unterm Dach, da ist es trocken. Und in der Stube ist es gemütlich. Und warm ist es. Das machen die dicken Mauern. Und das Holz im Ofen. Oder im Stall, da ist es auch warm. Von den Viechern. Da wird nicht geheizt, das macht keiner. Das wär viel zu teuer.

 

Auf dem Lande ist das Leben sowieso ganz anders. Erstens ist immer was zu tun, da heißt es früh raus. Auch im Winter, obwohl es später hell wird. Dafür ist es kalt. Wenn es nicht hell ist, muss man halt das Licht einschalten. Wenn was zu tun ist, ist es egal, ob es hell ist. Es ist was zu tun, das ist die Hauptsache. So ist das am Lande.

 

Früher hat es kein Telefon gegeben. Ganz früher in der Stadt auch nicht. Später dann am Lande. Radio hat es auch nicht gegeben, und Fernsehen schon gar nicht. Das war erst später, das hab ich schon gesagt. Musik hat es schon gegeben. Auf dem Kirtag, auf der Hochzeit. Sonst nicht. Zu Hause vielleicht, da haben sie manchmal eins gesungen. Und wenn ein Instrument da war, hat jemand was gespielt. Aber ein Instrument ist teuer, und so hat es kaum eins gegeben. Es war ja nichts da. Sonst war es still. Sehr still. Weil, wenn keiner was Neues weiß, braucht man reden auch nicht. Was man zu sagen hat, weiß eh schon jeder. Für was also reden.

 

Da ist schon besser, es ist was zu tun. Auf dem Lande ist sowieso immer was zu tun. Dafür ist es ruhig. Deswegen richt ich mir das Presshaus her. Jetzt nicht. Später, wenn ich älter bin. Oder ich lass es mir herrichten, das werden wir dann sehn. Und dann sitz ich da, und es ist ruhig. Weil, bauen kann da keiner mehr was. Erstens ist es ein Rutschhang, da kann sowieso keiner mehr was bauen, da gibt es keine Genehmigung. Und gegenüber ist der Wald. Also ist es ruhig.

 

Zum Herrichten ist genug. Eigentlich alles, weil alles hin ist. Aber für mich wird es schon gehen, ich brauch ja nicht so viel. Und so ist auch immer was zu tun. Das hält jung, sagen sie. Wer nichts tut, wird schnell alt. Das sagen sie auch. Und: Wer rastet, der rostet. Sie reden überhaupt viel in solchen Sätzen. Das ist so auf dem Lande. Da reden sie halt so.

 

Ich rede nicht viel auf dem Lande. Wenn, dann auch in solchen Sätzen. Die sagen ja genug. Und das kennt man dann schon. Mehr will niemand wissen. Es ist sowieso viel zu viel mit dieser Rederei. Und zu laut ist es auch. Obwohl es nicht laut ist, aber es stört. Immer diese Rederei, das will ja keiner hören. Also ist es zu laut. Mir halt. Als Junger hat es mir nicht laut genug sein können. Musik, Messe, Moped, Reden. Alles. Was waren wir laut. In der Kirche auch. Laut gesungen. Jetzt ist mir lieber, es ist ruhig.

 

Außer es ist ein Lärm, wo es einen Sinn hat. Wo was zu tun ist. Wo was weitergeht. Beim Bauen zum Beispiel: da wird gestemmt, geklopft, genagelt. Das ist laut. Aber das hat einen Sinn, da geht was weiter. Da sieht man, was man hört. Auch wenn es dann zum Schluss manchmal nicht so schön ist. Das kann passieren, da kann keiner was dafür. Das ist sich diesmal halt nicht ausgegangen. Oder es ist unbewohnbar, vom Wohnen her gesehen. Das kann auch passieren. Ist selten. Benutzen kann man es trotzdem. Das hat dann einen Sinn. Da geht dann schon was weiter. Die Zeit bleibt ja nicht stehn.

 

Ich auch nicht. Ich bleib auch nicht stehn. Ich richt mir das Presshaus her. Jetzt nicht, später. Darum sieht man noch nichts. Jetzt noch nicht. Aber das wird schön. So schön, wie es jetzt ist. Nur neu. Zum Wohnen halt.

 

mit herzlichem Dank an Oed

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